
Montagmorgen, 7:00 Uhr. Ich liege seit dreißig Minuten wach im Bett und starre an die Decke. Gedanken schwirren in meinem Kopf wie Staub im Sonnenstrahl: „Mache ich wirklich alles richtig?“, „Sind meine Preise zu hoch, oder bin ich einfach nicht gut genug?“, „Wo verstecken sich nur die Kunden? Sind sie womöglich im Winterschlaf?“ Mit einer Mischung aus Motivation und leichter Verzweiflung schwinge ich mich schließlich aus dem Bett.
Nach der Dusche folgt der Kaffee. Natürlich. Ob ich ihn brauche, um wach zu werden? Nein, aber der Geschmack ist mir ans Herz gewachsen, und irgendwie gehört er zum Ritual dazu. Schnell das Nötigste im Haushalt gemacht – naja, okay, sagen wir mal, ich übersehe gekonnt den wachsenden Wäscheberg – und ab ins Büro.
Mein Schreibtisch: liebevoll organisiert, um dem Chaos des Freelancer-Daseins ein kleines Schnippchen zu schlagen. Ich plane den Tag durch. Geht ganz fix, da ich aktuell nur wenig zu tun habe. Das ist der bittersüße Luxus, den man als Freelancer hat: viel Zeit zur Selbstverwirklichung – und auch zur Selbstzweifelpflege.
Heute steht ein Projekt für einen Kunden an. Nichts Großes, nur eine kleine Szene und ein CAD-Modell, das ich optimieren und hübsch beleuchten soll. "Ein Klacks!", denke ich und leg los. Aber wie das so ist, mein Perfektionismus setzt sich ins Cockpit und dreht mal eine Extra-Schleife: Könnte das Modell nicht noch realistischer sein? Vielleicht noch eine Lichtquelle hier, eine Textur da… Bevor ich mich versehe, habe ich die Szene viermal überarbeitet. Es ist ein Segen und ein Fluch.
Schließlich rendere ich das Ganze aus. Während der Rechner sich ins Zeug legt, tippe ich an einem Blogbeitrag, der – seien wir ehrlich – wahrscheinlich genau null Menschen interessieren wird. Träumen darf man ja. Und manchmal, ganz selten, gibt’s ein Herz als Reaktion. Das ist dann mein kleines „Blog-Lotto“ – und ich gewinne fast nie.
Die Bilder sind endlich fertig und ich schicke sie dem Kunden, hoffe auf ein Feedback und eine kleine Lobeswolke. Mein Handy piept – Pausezeit! Doch die Pause bleibt nur Theorie. Schnell einen Kaffee geschnappt, und weiter geht’s.
Nun zur Königsdiziplin des Freelancers: Kundenakquise. Ich scrolle durch diverse Freelancer-Plattformen, nur um festzustellen, dass mein Postfach wie immer leer ist. Die meisten Aufträge sind entweder lachhaft unterbezahlt oder außerhalb meiner Qualifikationen. Frustriert verwerfe ich die Plattformen und wende mich der klassischen Kaltakquise zu. Ich schreibe Mails und rufe Leute an. Manchmal habe ich das Gefühl, ich werde irgendwann von der "Freelancer-Akquise-Polizei" festgenommen.
Mittags klingelt der Wecker wieder. Ich ignoriere ihn und arbeite stattdessen an meinem heiß geliebten Cinema 4D. Ein neues Partikelsystem, perfekte Gelegenheit für eine Tropfensimulation! Hier kann ich stundenlang in den Code eintauchen und alles ausprobieren. Um mich herum klingelt das Telefon und die Mailbox piept – und manchmal ist es sogar ein Kunde, nicht bloß Werbung für Luxus-Vakumierer.
Wenn die Simulation fertig ist, switche ich zu After Effects, wo ich das Firmenlogo mit Spezialeffekten beleben will. Das Ganze läuft nach dem bewährten „Try and Error“-Prinzip ab. Und wenn der Fehler siegt, bleibt immer noch YouTube. Stunden später habe ich zig Tutorials offen und probiere alles nach. Meine Augen flimmern schon leicht, aber ich denke mir, das ist schon ein bisschen wie ein Video-Spiel: neue Level, neue Herausforderungen.
Plötzlich klingelt der Wecker wieder – diesmal das Zeichen zum Feierabend. Theoretisch. Praktisch habe ich beim Kochen die grandiose Idee, noch eine Textur mit einer 3D-Animation zu verbinden. Also, zurück an den PC. Irgendwann wird mein Kopf schwer, und ich schaffe es endlich, abzuschalten.
Couchzeit. Ich fange eine neue Serie an – und breche sie nach fünf Minuten ab. Schnell scrolle ich durch YouTube und stoße auf ein Tutorial von Maxon. Ja, ich weiß, selbst in der Freizeit verfolge ich Tutorials – aber hey, das ist meine Leidenschaft!
Irgendwann liege ich dann endlich im Bett, schnapp mir meinen E-Book-Reader und lese mich in den Schlaf. Ein Tag als Freelancer kann höhenreich und humorvoll, aber auch herausfordernd sein. Doch letztlich bleibt die Überzeugung, dass es immer wieder Kunden geben wird, die meine Arbeit schätzen. Und das ist der Gedanke, mit dem ich einschlafe – und am nächsten Morgen motiviert wieder aufstehe.